Liebe Kolleginnen und Kollegen,
zur Vorstandsinfo vom 29. November 2019 wollen wir unsere Sicht deutlich machen. Wir haben in der letzten Tarifrunde vereinbart, über den TV Ratio zu verhandeln. Hintergrund dieser GdS-Initiative waren Wünsche aus unserer Mitgliedschaft, das Schutzniveau gerade mit Blick auf die Digitalisierung zu verbessern.
Einen entsprechenden Entwurf haben wir dem Vorstand im Juli übermittelt. Dieser Entwurf hatte zum Ziel, die anzuwendenden Regelungen bei Organisationsänderungen und den daraus resultierenden personellen Maßnahmen eindeutiger zu formulieren, um unterschiedliche Interpretationen zu vermeiden. Zudem sollten die ggf. zu zahlenden Abfindungsbeträge erhöht und die Einbeziehung des Personalrates verbessert werden.
In den Tarifverhandlungen am 17. und 18. Oktober war der Arbeitgeber bereit, den überwiegenden Teil der von uns eingebrachten Vorschläge zu akzeptieren. Im Gegenzug sollten wir aber eine neue Regelung im TV Ratio mittragen, die darauf hinausgelaufen wäre, dass der Arbeitgeber in jedem Einzelfall hätte entscheiden können, ob er die Schutzregelungen anwendet oder ob er diesem Mitarbeiter nur noch ein Ausscheiden gegen eine erhöhte Abfindung anbieten darf. Das haben wir abgelehnt!
Angeboten hat uns der Vorstand eine tariflich festgeschriebene betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung. Einer solchen BU-Rente als Wahlleistung und auf Kosten des Arbeitgebers würden wir natürlich nicht im Weg stehen.
Vorrangig hat der Vorstand in den Gesprächen aber von Anfang an das Ziel verfolgt, die weitere Arbeitsreduzierung ab dem 1. Januar 2020 nicht insgesamt, sondern für einzelne Unternehmensbereiche aussetzen zu können. Darüber haben wir als GdS-Tarifkommission konstruktiv verhandelt, auch wenn wir durchaus die Gefahren dieser Möglichkeit gesehen haben. Uns sind aber eben auch die Probleme in einzelnen Abteilungen nicht entgangen, wo nicht absehbar war, wie die Arbeit mit einer nochmals reduzierten Arbeitszeit geschafft werden soll. Wir waren bereit, dem Vorstand Möglichkeiten zu geben, wollten dazu aber auch die „Spielregeln“ festlegen.
Die ursprüngliche Vorstellung der Arbeitgeberseite, dass er jederzeit, auch wiederholt und mit einer kurzen Ankündigungsfrist und für einzelne Abteilungen die Arbeitszeitreduzierung einseitig aussetzen kann, die dort beschäftigten Kolleginnen und Kollegen also sofort wieder mehr arbeiten müssten, war für uns nicht akzeptabel.
In einem Kompromissvorschlag nach der Tarifrunde im Oktober hat die IKK Nord dann vorgeschlagen, zumindest einige Verbesserungen aus unserem Entwurf zu übernehmen. Im Gegenzug sollten wir dann aber zur Reduzierung der AU-Quote akzeptieren, dass alle Beschäftigten bei Krankheit die AU-Bescheinigung ab dem ersten Tag vorlegen müssen. Das haben wir bereits in der Vergangenheit abgelehnt, weil wir den Zwang, zum Arzt zu gehen nicht wollen und außerdem davon überzeugt sind, dass das die AU-Quote nicht senken wird. Wir halten bei so einer Regelung sogar längere AU-Zeiten für wahrscheinlich. Denn Ärzte schreiben in den seltensten Fällen für einen oder zwei Tage krank. Zusätzlich wurde uns vorgeschlagen, eine Gesundheitsprämie einzuführen, bei der jeder Mitarbeiter für jeden Monat ohne AU eine zusätzliche Zahlung bekommt.
Dieser sogenannten Gesundheitsprämie stehen skeptisch gegenüber. Auch macht es keinen Sinn, beide Ansinnen parallel zu starten. Der Arbeitgeber kann nicht feststellen, was die ggf. spürbare Veränderung bewirkt oder eher herbeigeführt hat.
Am Ende ist uns die Zeit ausgegangen, obwohl wir uns in vielen Punkten angenähert hatten. Wir haben dafür plädiert, dass die IKK Nord fristwahrend von der Widerrufsklausel Gebrauch machen sollte, gleichzeitig aber die Zeit zu nutzen, um vielleicht doch noch zu einer Gesamtlösung zu kommen.
Der Vorstand hat sich stattdessen entschlossen, die Verhandlungen als gescheitert anzusehen. Das bedauern wir. Denn wir sehen gute Chancen, zu einem Gesamtpaket zu kommen.
Es entsteht zumindest der Eindruck, dass der Vorstand diesen Weg bewusst gegangen ist, weil es ihm eigentlich lieber ist, die Arbeitszeit für alle Beschäftigten nicht weiter abzusenken. Wir möchten diesen Weg aber weitergehen.
Ihnen allen eine schöne Advents- und Weihnachtszeit sowie alles Gute für 2020.
Für die GdS verhandelten: Stephan Kallenberg (stellv. Bundesgeschäftsführer), Günter Jochmann, Dirk Neumann, Jens Nielsen und Horst Zigler (alle IKK Nord)