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Koalition zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Licht und Schatten liegen im Koalitionsvertrag nah beieinander. Trotz vereinzelter Lichtblicke bei der Finanzierung droht mit dem Angriff auf die Tarifautonomie eine ernsthafte Schwächung der Sozialversicherung und ihrer Beschäftigten.

Finanzspritze: Reicht das?
Die GdS begrüßt es, dass die Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur eingesetzt werden, um den Transformationsfonds der Krankenkassen zu entlasten und damit die Beitragszahler zu schonen. Kritisch sehen wir jedoch fehlende Bundeszuschüsse, die den Druck auf die Kassen erhöhen könnten. Auch Unternehmenssteuersenkungen könnten die Kommunen belasten. Demnach bleibt eine zukunftssichere Finanzierung des Gesundheitswesens unverzichtbar. Nur mit einer gesicherten Finanzierung können gute Arbeitsbedingungen und eine bedarfsgerechte Personalausstattung gewährleistet werden.

Digitalisierung – Ja, aber fair!
Im Einklang mit dem Leitbild des Koalitionsvertrags – einer guten, bedarfsgerechten und bezahlbaren Versorgung – setzen auch wir uns für stabile Beitragssätze, Bürokratieabbau und eine datenschutzkonforme Digitalisierung ein. Die Digitalisierung darf jedoch nicht zu Stellenabbau oder Mehrarbeit führen. Die geplante Stärkung der Krankenhauslandschaft im ländlichen Raum ist wichtig, doch es ist fraglich, ob die Finanzierung der Fachkliniken ausreicht, um Schließungen zu  verhindern.

Qualitätsabbau: Falsch gespart!
Daneben sieht die GdS die geplante Senkung der Prüfquoten äußerst kritisch, da diese zu Lasten der Qualitätssicherung gehen und letztlich Mehrkosten für die Krankenkassen verursachen könnte. Unabhängige Qualitätsprüfungen sind unerlässlich, um Risiken zu minimieren und Transparenz zu gewährleisten. Mit Blick auf die Pflege sehen wir die geplante Prüfung von Karenzzeiten verbesserungswürdig. Während die Begrenzung der Eigenanteile begrüßenswert ist, bedarf es einer gerechteren Lastenverteilung. Zudem bleiben die Pläne zur Stärkung pflegender Angehöriger unkonkret, insbesondere in Bezug auf Barrierefreiheit und einen Pflegelohn.

Arbeitszeit: Schwache schützen!
Auch im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sehen wir Anlass zu einer kritischen Betrachtung. Die Umstellung auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gefährdet prekär Beschäftigte, weshalb Schutzmechanismen vor Ausbeutung unerlässlich sind und eine Ausweitung der Sonntagsarbeit kritisch gesehen wird.

Rente: Gerecht für Jung und Alt!
Das Rentenniveau von 48 Prozent muss gesichert werden, denn die demografische Entwicklung zwingt uns, die langfristige Tragfähigkeit des Rentensystems kritisch zu hinterfragen und innovative Lösungen für eine stabile und gerechte Altersversorgung zu entwickeln. Entscheidend ist, dass die geplante Gesamtversorgungs-Kennzahl das gesetzliche Rentenniveau nicht gefährdet wird, indem sinkende Rentenleistungen durch private Vorsorge kompensiert würden. Die gesetzliche Rente als Hauptsäule der Altersvorsorge muss gestärkt werden und erfordert die langfristige Sicherung des Rentenniveaus von 48 Prozent. Wir begrüßen die Einbeziehung von Neu-Selbstständigen in die Rentenversicherung, lehnen jedoch jegliche Bestrebungen ab, die auf eine Systemumkehr hin zu einer Einheitsversicherung abzielen. Erfreulich ist, dass der Koalitionsvertrag ab 2026 eine “Frühstart-Rente” vorsieht, bei der Kinder zwischen 6 und 18 Jahren monatlich 10 Euro in einem individuellen Altersvorsorgedepot erhalten sollen.

Tarifautonomie – Finger weg!
Völlig inakzeptabel ist für uns die geplante TVöD-Anbindung der Gehälter im Gesundheitswesen, die einen klaren Angriff auf die verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie darstellt. Diese Gleichschaltungspolitik ignoriert nicht nur die Realitäten des Wettbewerbs im Gesundheitswesen und demotiviert die Beschäftigten, sondern dient einzig und allein dem Zweck, auf Kosten derer zu sparen, die das System am Laufen halten. Es ist zudem unbestreitbar, dass Personalkosten keinen wesentlichen Einfluss auf die grundlegende Finanzsituation einer Krankenkasse haben. Wir werden uns mit aller Kraft für den Erhalt der Tarifautonomie und gegen jede Form der Gehaltsgleichschaltung einsetzen. Die GdS setzt sich kompromisslos für leistungsgerechte Entlohnung, Tarifhoheit und die Interessen von Beschäftigten wie Versicherten ein – nur so sichern wir die Zukunftsfähigkeit unseres Gesundheitswesens.

20250416_GdS-Sozial_Koalitionsvertrag